Wenn er drechselt, entsteht Kunst

Seit 41 Jahren drechselt Beat Häfliger Holzstücke zu neuen Formen. Der Gelfinger ist einer der Letzten, der dieses Handwerk beherrscht.

Beat Häfliger sagt, er sei vom Drechseln angefressen. Spätestens bei einem Besuch in seiner Werkstatt, wenn die Holzspäne in alle Richtungen fliegen, glaubt man ihm. Innerhalb einer Viertelstunde schneidet und schabt der gelernte Schreiner aus einem kleinen Rundholz einen formschönen Kelch, der perfekt verarbeitet und fein geschliffen ist. «Drechseln braucht viel Konzentration und man muss eine ruhige Hand haben», erklärt Häfliger. Zudem sei gutes Sehvermögen Grundvoraussetzung, um die detailreiche Arbeit perfekt ausführen zu können. All diese Eigenschaften nützen aber nichts, wenn man nicht mit Freude und Kreativität an der Arbeit ist wie Häfliger. Der Gelfinger weiss auch, warum das bei ihm so ist. «Drechseln ist für mich ein reines Hobby. Wenn ich es zum Beruf gemacht hätte, wäre ein Teil der Freude verloren gegangen.»

Schneller dank neuer Technik
Beat Häfliger drechselt seit 41 Jahren. 1977 besuchte der junge Schreiner die Basler Holzmesse und sah zum ersten Mal, wie jemand mit Drehbank und Dreheisen einen Eierbecher bearbeitete. Häfliger wusste sofort: «Das will ich auch können.» Er kaufte sich noch im selben Jahr die erste Drehbank und übte nach beiliegender Anleitung. Am Anfang sei ihm noch wenig gelungen. «Viele der ersten Stücke warf ich wieder weg.» Doch der Gelfinger blieb dran. Neben seinem Job als Schreiner ging er Abend für Abend in seine Werkstatt und drechselte. Das zahlte sich schliesslich aus. «1995 wurde ich vom Maschinenhändler Ineichen aus Ermensee angefragt, ob ich Drechsel-Schulungen machen möchte.» Häfliger willigte unter der Bedingung ein, zuvor selber einen Kurs besuchen zu können. Dabei lernte er die Schneidetechnik kennen. «Ich hatte zwanzig Jahre lang geschabt und noch nie von dieser neuen Technik gehört.» Im Gegensatz zur Schabtechnik ist der Drechsler mit der Schneidetechnik um ein vielfaches schneller und präziser. «Es ist aber auch viel anspruchsvoller», betont Häfliger.

Abgelöst durch Maschinen
Ausgerüstet mit neuen Fähigkeiten, schulte Beat Häfliger die nächsten 13 Jahre Hobbydrechsler in diversen Kursen wie Einführungs- und Fortsetzungskursen, Nassholz-, Pfeffermühlen- oder Schalenkursen. Die Teilnehmer waren jeden Alters und kamen aus allen möglichen Branchen. «Der Älteste war beim ersten Kurs 77 Jahre alt und besuchte während zehn Jahren jeden Kurs.» Auch vielen jungen Leuten gab Häfliger das Drechseln weiter. Einigen davon indirekt. «Betreuer von schwierigen Jugendlichen besuchten immer wieder die Kurse, um das Gelernte später den Jungen beizubringen.» Drechseln sei eben auch eine gute Therapie. «Es fördert die Konzentration und zwingt einem, ruhig zu arbeiten.»

Trotz diesen positiven Eigenschaften ist Drechseln heute kaum verbreitet. «Von Hand beherrschen es in der Schweiz nur ganz wenige.» Das liegt vor allem daran, dass die Arbeit inzwischen von modernen CNC-Maschinen erledigt wird. Mehrfach benötigte Teile wie zum Beispiel Tischfüsse werden so ab Band produziert. «Es ist faszinierend, wie effizient diese Maschinen arbeiten.»

Eine Schale für 2000 Franken
Für Beat Häfliger spielen solche industriellen Entwicklungen aber sowieso keine Rolle. Er drechselt, weil es ihm Spass macht. Einige Teile wie Pfeffermühlen, Schreibstifte oder Spielzeugkreisel stellt Häfliger in Serie her, da er sie am Markt oder direkt von zu Hause aus verkauft. Manchmal mache er auch Auftragsarbeiten. Zum Beispiel Alphorn­ringe, Kegel für hochwertige Lautsprecher oder Ergänzungen für antike Möbel. Je nach gedrechseltem Stück kann ein fertiges Produkt ganz schön teuer werden. «Einmal stellte ich eine Galerieschale aus 26 verschiedenen Holzarten her. Das war extrem aufwändig. Die reine Arbeitszeit betrug etwa eine Woche.» Dieses Einzelstück wollte ihm ein Mann für 2000 Franken abkaufen. «Meine Frau war aber dagegen», erzählt Häfliger. Schliesslich verkaufte er die Schale nicht. «Ich behielt sie gerne.»

Diese Galerieschale besteht aus etwa 26 Holzarten

Aus solchen Projekten lernte Häfliger auch neue Holzarten kennen. «Ich kenne inzwischen mindestens 50 verschiedene Hölzer.» Ein Schreiner sei meist mit 20 verschiedenen Arten vertraut. Eine weitere Eigenschaft, die Häfliger am Drechseln so liebt: «Die Möglichkeiten sind unerschöpflich.»

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