Laurin Bärtschi ist der beste Hufschmied der Schweiz. Der Ermenseer bewies bei den Vorbereitungen einen eisernen Willen und will noch mehr erreichen.
Von aussen wirkt die Scheune ausserhalb von Ballwil wie jede andere. Gross, eine Aussenfassade aus verwittertem Holz und ein mächtiges Tor in der Mitte. Erst bei näherer Betrachtung fällt einem der kleine Eingang daneben auf. Darüber hängen viele Hufeisen und durch die offene Tür blickt man in einen kleinen, russgeschwärzten Raum. In der rechten Ecke brennt ein Feuer und die Luft riecht nach erhitztem Eisen und verbrannter Steinkohle. Rund um den Kamin sind Zangen in allen Grössen und Formen aufgereiht. An den Wänden hängen kunstvoll verzierte Eisenkonstruktionen. Vor dem Kohlefeuer steht ein junger Mann mit geschwärzten Händen. Er hält einen Hammer in der einen und eine der vielen Schmiedezangen in der anderen Hand. Die Augen seines bärtigen Gesichts werden durch eine Schutzbrille geschützt. In der Zange klemmt ein glühendes Hufeisen, welches er mit seinem Hammer in die richtige Form bringt. Der 19-Jährige ist einer von 16 Hufschmieden in der Schweiz, die in ihrem vierten Ausbildungsjahr stehen.
Seit Ende April ist klar, dass Laurin Bärtschi dieses Handwerk nahezu perfekt beherrscht. Der Ermenseer gewann gegen 31 Konkurrenten Gold an den «SwissSkills» in St. Gallen. In der Schmiede von Urs Würsch in Ballwil reifte er die vergangenen drei Jahre zum Schweizer Meister heran. Im vergangenen Jahr hatte es mit dem fünften Rang noch nicht bis an die Spitze gereicht. «Dieses Jahr habe ich gespürt, dass mehr drinliegt», sagt Laurin Bärtschi.
Schon als Kind hatte er grosses Interesse am Hufschmiedehandwerk. Regelmässig besuchte er seinen Grossonkel und schaute ihm zu, wie er Pferde beschlug. Als im Hause Bärtschi die Zeit der Berufswahl anstand, sah die Mutter von Laurin Bärtschi ein Inserat für eine Schnupperlehre als Hufschmied und zeigte es ihrem Sohn. «Ich hatte zu Hause häufig gesagt, dass mich der Beruf fasziniert.» Bärtschi wollte aber nichts dem Zufall überlassen und schnupperte auch als Landmaschinenmechaniker und Holzbauer. «Ein Bürojob kam für mich nie infrage», sagt der junge Handwerker, der in seiner Freizeit gerne angeln geht. Die Faszination für Pferde war schliesslich einer der Hauptgründe für seine Berufswahl. «Man muss Freude an den Tieren haben, sonst bringt es meiner Meinung nach nichts, diesen Beruf zu erlernen», betont Bärtschi. Zudem gefiel ihm das spezielle Handwerk. «Es ist etwas, das nicht jeder kann.» Laurin Bärtschi startete seine Berufslehre bei Hufschmied Urs Würsch. «Er ist handwerklich äusserst begabt. Das ist wichtig bei diesem Job», betont Würsch. Der junge Schmied kannte seinen Lehrmeister nur vom Hörensagen als «de Würsch vo Ballwil». Urs Würsch ist selber dreifacher Schweizermeister und hat auch schon die Europameisterschaften als Hufschmied gewonnen. Die erfolgreiche Vergangenheit des Lehrmeisters fällt in der Schmiede auf. An der Wand hängen zahlreiche kunstvolle Hufeisen, welche von den unzähligen Wettbewerben zeugen. Laurin Bärtschi empfindet seinen Lehrmeister als bescheiden und fühlte sich dadurch auch nie unter Druck gesetzt, ähnlich erfolgreich zu werden. «Natürlich habe ich mir gewünscht, dass es bei ihm klappt», gibt Urs Würsch zu. Wichtig sei, den Lernenden genug Zeit zum Üben zu geben. «Das machen sicher nicht alle Betriebe», ist sich Würsch sicher. Dass die Strategie aufzugehen scheint, beweist auch der Sohn von Würsch. Alex Würsch siegte 2014 ebenfalls an den «SwissSkills». Davon hat auch Bärtschi profitiert. «Er war mein Oberstift und gab mir viele gute Tipps für den Wettbewerb.»
Nebst der grossen Unterstützung durch den Lehrbetrieb zeigte Laurin Bärtschi während der Vorbereitung viel Ausdauer und Willen. In unzähligen Stunden nach Feierabend und an Wochenenden feilte er an seinen Schmiedekünsten. «Erfolgreich und effizient zu schmieden ist extreme Übungssache. Man muss viel Biss zeigen», betont Bärtschi. «Er hat sich immer wieder aufgerappelt und weitergemacht. Das ist eine seiner grossen Stärken», betont sein Lehrmeister. Selbst familiäre Schicksale musste Bärtschi wegstecken. «Als mein Vater verstarb, war ich ganz tief unten», sagt der junge Hufschmied und senkt den Kopf. «Ich hatte keine andere Wahl als aufzustehen und weiterzumachen.»
Das hat er und will an weiteren Wettbewerben teilnehmen. Im Herbst finden internationale Wettkämpfe für Hufschmiede im englischen Stoneleigh statt. «Die Vorbereitungen dazu mache ich während meinem Militärdienst», sagt der 19-Jährige. Zusammen mit einem Kollegen, der mit ihm nach England geht, absolvieren die beiden im Sommer die Rekrutenschule als Hufschmiede. Bis zu diesem Zeitpunkt ist seine Lehre beendet. Dass er danach auf dem Beruf bleiben möchte, ist für ihn klar. Schliesslich könne keine Maschine sein Handwerk ersetzen, da jedes Pferd einen anderen Huf habe. Zudem sei die Nachfrage durch viele Hobbyreiter steigend und Hufschmiede rar gesät. Ob er immer ein Angestellter bleiben möchte, weiss er noch nicht. Die ersten Weichen für eine selbstständige Zukunft hat er bereits gestellt. Zu Hause auf dem ehemaligen Hof in Ermensee hat Bärtschi eine kleine Schmiede eingerichtet. «Irgendwann selbstständig werden und Lehrlinge ausbilden wäre toll.»