«Wir müssen die Zersiedelung stoppen»

Seit 100 Tagen ist Regierungsrat Fabian Peter im Amt. Ganz gewöhnt hat er sich an seine Rolle noch nicht, wie er sagt. Trotzdem ist er in seinem Departement für Bau, Umwelt und Wirtschaft bereits stark gefordert.

Fabian Peter, kurz nach Ihrer Wahl zum Regierungsrat haben Sie gesagt, dass sich Ihre neue Rolle noch ungewohnt anfühlt. Wie ist es nach 100 Tagen?
Es ist für mich immer noch sehr speziell. Ganz an meine neue Aufgabe gewöhnt habe ich mich noch nicht. Erst am Montag ist mir das wieder aufgefallen. Ich betrat nach einer Woche Ferien mein Büro und realisierte wieder so richtig, was mein neuer Job ist.

Wie erlebten Sie die ersten Monate im Amt?
Es war eine sehr intensive Zeit. Alle wollten den neuen Regierungsrat kennenlernen. Es ging daher gleich von Anfang an mit vollem Programm los. Danach folgten die Sommerferien und es wurde etwas ruhiger. Zwischen Sommer und Herbst ging die Post aber erst richtig ab. Ich sagte kürzlich zu meiner Frau: Es ist eben schon alles ganz anders als vorher. Meine neues Amt erachte ich aber als sehr spannend und vielfältig. Ich durfte schon verschiedenste Aufgaben wahrnehmen.

Was für Aufgaben waren das?
Am Anfang war es mir ein Anliegen, mich in meinen Departement überall persönlich vorzustellen. Dazu besuchte ich alle Dienstellen. So lernte ich den grössten Teil der Mitarbeiter kennen. Ich hatte den Eindruck, dass meine Besuche sehr geschätzt wurden. Unter anderem traf ich auch zwei Bundesräte: Guy Parmelin und Simonetta Sommaruga. Neben solch ausserordentlichen Terminen war ich natürlich mit dem Tagesgeschäft konfrontiert. Bereits in den ersten Monaten ist mir die Breite der Herausforderungen bewusst geworden. Das reicht vom einfachen Veloständerproblem bis zu einem Grossprojekt wie beispielsweise dem Durchgangsbahnhof.

Sie sprachen Ihre Frau an. Finden Sie noch Zeit für Ihre Familie?
Das ist nicht immer ganz einfach. Es gibt Tage, da gehe ich aus dem Haus wenn die Kinder noch schlafen und komme erst nach Hause wenn sie bereits im Bett sind. Ich versuche aber, an einem von sieben Tagen pro Woche für sie da zu sein. Das klappt bisher meist. Ich hoffe, dass ich künftig auch wieder mehr Zeit finde, wenn ich mich vertieft in meine neue Aufgabe eingearbeitet habe.

Zur Einarbeitung gehörte auch die Zusammenarbeit in einem neuen Gremium. Wie wurden Sie im Regierungsrat aufgenommen?
Meine Kollegen haben mich gut aufgenommen. Ich fühle mich ernst genommen und es wird mir geholfen, wenn ich etwas noch nicht weiss. Am Anfang war ich noch etwas skeptisch, ob in einem solchen Gremium genauso konstruktiv zusammengearbeitet wird wie auf Gemeindeebene. Das hat sich aber bestätigt. Es läuft von daher ähnlich ab wie zuvor im Inwiler Gemeinderat. Die Themen werden ausdiskutiert und man versucht einen Konsens zu finden. Erst danach wird abgestimmt, falls dies noch vonnöten ist.

Haben Sie die anderen Regierungsräte auch neben den Sitzungen schon etwas kennengelernt?
Ja, wir machten kürzlich einen gemeinsamen Ausflug inklusive Partnerinnen. Mit dem E-Bike fuhren wir nach Kriens, wo uns Regierungspräsident Paul Winiker seinen Wohnort zeigte. Es erinnerte mich fast ein wenig an eine Klassenfahrt von früher. Alle fuhren brav Rad an Rad hintereinander her. Das hätte man filmen sollen (lacht).

Ihren Wahlkampf führten Sie mit dem Slogan «Fabian bewegt». Konnten Sie diesen Anspruch bereits in die Tat umsetzen?
Ich glaube schon. Ich habe bereits in mehreren Bereichen versucht, durch Gespräche mit allen Beteiligten Lösungsansätze zu finden.

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
Beim Projekt «Hochwasserschutz -Reuss» konnte ich beispielsweise bereits etwas bewirken. Eigentlich wäre die Auflage schon länger geplant gewesen. Ich habe diese aber verschoben, da ich zuerst mit den betroffenen Gemeinden und dem Vertreter der IG Reuss sprechen wollte. Es wird natürlich trotzdem Einsprachen geben, da der Fluss insgesamt breiter wird und Land beansprucht. Hier möchte ich den Betroffenen aber soweit als möglich Lösungen anbieten.

Was für Lösungen?
Ein Teil der Grundstücke sind Waldflächen. Hier ist es denkbar, den betroffenen Besitzern Staatswald als Realersatz zur Verfügung zu stellen. Ich bin der Meinung, dass wir Wald, den wir für das Reussprojekt benötigen, an einem anderen Ort den betroffenen Besitzern wieder zur Verfügung stellen müssen.

Zum Thema «Reuss» hielten Sie auch Ihre erste Pressekonferenz ab. Wie lief sie?
Ich erhielt positive Rückmeldungen von den anwesenden Journalisten. Darüber habe ich mich gefreut. Schliesslich wird man beim ersten Auftritt vor den Medien immer speziell aufmerksam beobachtet.

Während der Pressekonferenz -sprachen Sie auch von Inwil,
weil dort 2005 die Bäche über
die Ufer traten.
Ja, ich möchte die Themen auch aus Sicht meiner alten Funktion darlegen. Ich weiss bestens, was einem als Gemeinderat am Kanton stören kann. So kann ich auch gute Lösungen als Regierungsrat erarbeiten.

Dann also die Frage: In welchem Bereich haben Sie zugunsten der Gemeinden Änderungen herbei-geführt?
Zum Beispiel haben wir bei der Ortsplanungsrevision, bei der es unter anderem auch um die sogenannte Rückzonungsstrategie geht, zu wenig Ressourcen. Die Verfahrensfristen sind einfach zu lang. Viele Gemeinden haben sich deswegen auch beschwert. Wir werden voraussichtlich zwei zusätzliche Stellen schaffen und die Richtplanrevision auf den nächsten Sommer verschieben, damit wir uns voll auf die Ortsplanungsrevisionen konzentrieren können. Ich denke, dass wir so einen Schritt auf die Gemeinden zugehen. Das ist mir wichtig.

Einfach wird die Rückzonung von Bauland wohl trotzdem nicht.
Das ist so. Ein schwieriges Geschäft bleibt die Rückzonungsstrategie weiterhin. Jemandem Bauland wegnehmen, das bereits eingezont war, ist nicht so einfach. Das kann ich als ehemaliger Gemeindeammann bestens nachvollziehen. Das wird für mich sicher nicht einfach, plötzlich auf der anderen Seite «den Bösen» zu spielen. Gleichzeitig muss man auch sagen, dass einige Flächen bereits seit 30 Jahren eingezont sind und nichts gebaut wurde. Und nicht zuletzt müssen wir den Auftrag der Bevölkerung wahrnehmen: Die Zersiedelung stoppen.

Ihr Departement muss nicht nur gegen die Zersiedelung vorgehen, sondern auch gegen den Klimawandel. An der Klima-Sondersession im Juni erhielten Sie noch kaum konkrete Aufträge vom Parlament. Dafür wurde der Klimanotstand ausgerufen, gegen den Sie bereits vor der Sondersession votierten.
Den Klimanotstand kann man als Zeichen sehen, dass wir handeln müssen. Trotzdem ist es aus meiner Sicht vor allem eine politisch gefärbte Entscheidung, die noch keine Lösungen herbeiruft. Ich hoffe einfach, dass die Parlamentarierinnen und Parlamentarier sich auch bei der Ausarbeitung von konkreten Massnahmen, die bestimmt auch etwas kosten werden, an ihre Entscheidung erinnern und dementsprechend abstimmen.

Können Sie bereits konkrete Massnahmen nennen, die Sie sich vorstellen können?
Momentan sind wir noch nicht so weit. Es geht mir vor allem darum, dass wir mit kleinen Dingen anfangen, die im Ganzen etwas nützen. Beispielweise möchte ich erreichen, dass wir in der gesamten Verwaltung keine Plastikbecher mehr verwenden.

Das grosse Ziel ist aber klar. Bis 2050 auf netto null.
Dieses Ziel ist sehr ambitioniert. Nach der Klima-Sondersession im Kantonsrat habe ich aber das Gefühl, dass (fast) alle erkannt haben, dass wir handeln müssen. Das gelingt aber nur in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Zudem braucht es ein Umdenken bei jedem Einzelnen. Unter diesen Voraussetzungen können wir es schaffen.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

0 Shares
Teilen
Twittern
Teilen
+1