Bei diesen Piloten stimmt jedes Detail

Am 10. Oldtimer Segelflugtreffen feierte der Modellflugverein Müswangen das 50-jährige Bestehen. Auch ein Hitzkircher war dabei. Er baute fast zwei Jahrzehnte an seinem Modell.

Jost Galliker hat ein Problem. Seine knallgelbe «Grunau Baby 2B» bleibt vorerst am Boden. Eben noch machte er das Segelflugzeug bereit zum Abheben. Nun stellt er bei der Schlusskontrolle fest, dass auf der Tragfläche des linken Flügels die Abdeckung der Sturzflugbremse beschädigt ist. Um starten zu können, muss der 66-Jährige eine kleine Reparatur vornehmen. Vorsichtig klebt er die betroffene Stelle mit Sekundenleim. Kurze Zeit später lächelt der Hitzkircher wieder. Sein «Baby» ist startklar.

Galliker ist einer von etwa 60 Piloten, die am Wochenende beim 10. Oldtimer Segelflugtreffen teilnahmen. An diesem Anlass steigen ausschliesslich nachgebaute Flugzeuge, deren Originale mindestens 50 Jahre alt sind, in den Himmel. Wie bei den richtigen Segelflugzeugen werden die Nachbauten mit Schleppern in den Himmel gezogen. Diese werden entweder mit Elektro- oder Verbrennungsmotoren angetrieben. «Wenn wir sonntags fliegen, dürfen wir wegen den Lärmemissionen nur Elektro-Schlepper einsetzen», sagt Rolf Ritter. Er ist im OK der Organisatoren rund um den Modellflugverein Müswangen.

Kein Modellflugzeug hebt ohne „Pilot“ ab.
Drohnen bedrohen Modellflieger

Der Verein feierte anlässlich des Treffens sein 50-jähriges Bestehen. Rolf Ritter ist seit zwanzig Jahren dabei und hat in dieser Zeit viele Veränderungen miterlebt. «Heute sind alle Flieger mit einer programmierbaren Fernsteuerung ausgerüstet. Das war dazumal noch kein Thema.» Auch lernen, wie man einen solchen Modellflieger steuert, sei heute viel einfacher möglich. «Die ersten Flugstunden am Computer sind ein guter Einstieg», sagt der 58-Jährige.

Die Modellflugpiloten sehen aber auch Nachteile in den neuen technischen Möglichkeiten. «Den Drohnen-Trend bekommen wir negativ zu spüren», sagt Jost Galliker. Das Problem sei, dass Modellflugzeuge häufig mit Drohnen gleichgesetzt würden. Dagegen wehrt sich Rolf Ritter vehement. «Wir halten uns an die Regeln der Luftfahrt und wissen, was wir tun dürfen und was nicht.» Viele Drohnenpiloten hätten dagegen keine Ahnung, wie sie sich im Luftraum verhalten müssen. «Im Moment schreibt der Bund die Regeln völlig neu und wir wissen nicht, wie sich das auf uns auswirken wird», sagt der ehemalige Swissair-Pilot. Dass ihr Hobby dadurch gar in seiner Existenz bedroht sein könnte, glaubt Ritter nicht. «Es könnte aber Einschränkungen geben, wo wir in Zukunft noch fliegen dürfen.»

Die «Grunau Baby 2B» von Jost Galliker in Aktion.
600 Stunden investiert

Was auf dem Modellflugplatz in Müswangen auffällt, ist die grosse Anzahl grau melierter Herren. «Es ist so, dass wir nicht so viele junge Segelflugpiloten haben, die diesem Hobby nachgehen», sagt Ritter. «Viele Junge scheuen den Aufwand», ergänzt Jost Galliker. Der gelernte Schreiner begann in der fünften oder sechsten Klasse Modellflieger zu basteln. «Ich musste mich immer entscheiden, ob ich mein Geld für Töfflibenzin oder neues Fliegermaterial ausgeben will.» Jedes Wochenende liess er seine Flieger steigen. Auch unter der Woche war er mit seinem Hobby beschäftigt. «Dann musste ich wieder flicken.»

Für sein aktuelles Modell investierte er etwa 500 bis 600 Stunden. Den Bauplan hatte er anhand des Originals selber gezeichnet. «Ich arbeitete in unregelmässigen Abständen während 17 Jahren an der Grunau», sagt Galliker.Auch Ritter investierte rund 400 Stunden in sein Schmuckstück. Sein Sohn fliegt ebenfalls Modellflugzeuge. «Er ist aber nicht mehr so angefressen. Die Freundin ist jetzt wichtiger», sagt der Vater und lacht. Um Jungen das Hobby schmackhaft zu machen, beteilige man sich zum Beispiel beim Ferienpass. Auch die vielen Stunden Aufwand sind heute nicht mehr zwingend. «Inzwischen kann man gute Bausätze kaufen.»

Jost Galliker hat seinen Flieger in die Lüfte gebracht. Neben der gelben Grunau kreist ein Mäusebussard. Träumt man manchmal auch davon, selbst fliegen zu können? Jost Galliker nickt, schaut am Himmel seinem Modellflugzeug nach und lächelt.

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