Die Initiative «Inwil wächst gesund» wurde überraschend zurückgezogen. Die Initianten fühlten sich persönlich angegriffen.
Klein und unauffällig war die Meldung im Kantonsblatt. Ihre Auswirkungen sind aber enorm und betreffen die direkte Demokratie: Die Initiative «Inwil wächst gesund» wurde zurückgezogen. Die Initianten wollten damit das Bevölkerungswachstum beschränken (der «Seetaler Bote» berichtete). Obwohl die Unterschriftensammlung noch bis am 26. April gedauert hätte, führt das Initiativ-Komitee sein Projekt nicht mehr weiter (siehe Kasten). Begründung: «Durch verbale Vorwürfe von Menschen aus Inwil fühlen wir uns persönlich angegriffen.» So steht es in einer Mitteilung an die Bevölkerung. Was genau ist vorgefallen? «Wir wollen uns dazu nicht detailliert äussern», sagt Mitinitiant Reto Buchmann auf Anfrage. Das Thema sei für sie abgeschlossen. Natürlich sei es schade, dass die Bevölkerung nun nicht darüber befinden könne. Ein weiterer Initiant, der nicht mit Namen genannt werden möchte, erklärt: «Es geht auch darum, den Dorffrieden zu wahren.» Er stehe zwar weiterhin zu hundert Prozent hinter der Initiative, könne unter diesen Umständen aber nicht weitermachen.
Dass «Inwil wächst gesund» eine Mehrheit gefunden hätte, stand für die Initianten nicht zur Debatte. «Die Chancen für eine Annahme wären real gewesen», sagt Reto Buchmann. Die Initianten argumentieren mit einer Umfrage aus dem Jahr 2014, die im Rahmen einer Bachelor-Arbeit durchgeführt wurde. Dabei sprachen sich 70 Prozent der Inwiler Bevölkerung für kein bis wenig Wachstum aus. Auch in anderen Seetaler Gemeinden war das Thema akut. Vor drei Jahren wurde eine ähnliche Initiative in Hochdorf lanciert, welche von der Bevölkerung überraschend angenommen wurde.
Da sich die Initianten nicht näher äussern wollen, kann über die Gründe des Rückzugs nur spekuliert werden. «Dass einzelne Grundeigentümer keine Freude an der Initiative hatten, ist logisch», sagt Gemeinderat Fabian Peter vom Ressort Bau. Ob Drohungen oder verbale Attacken aus dieser Richtung kamen, wisse er aber nicht.
Gemäss mehreren Quellen aus der Inwiler Bevölkerung kam zumindest Widerstand von einigen Landbesitzern. «Sie hatten Angst, dass sie bei einer Annahme der Initiative, ihr Land nicht mehr verkaufen können», sagt ein Informant, der anonym bleiben möchte. Ob es zu Drohungen oder Anfeindungen kam, wisse er aber nicht.
Gemäss einem weiteren Einwohner passte «Inwil wächst gesund» auch Landbesitzern mit bereits eingezontem Land nicht. «Durch die Initiative hätten sie erst viel später bauen können.» Sie hätten den Initianten vorgeworfen, dass sie sich gegen den Fortschritt wehren. Auch Aussagen wie «ihr gönnt es uns nicht» seien gefallen. Die Person sagt, dass dabei «böse Worte» gefallen sind. Daraufhin habe sich das Komitee schnell zurückgezogen, da es die Bevölkerung nicht verärgern wollte.
Der Inwiler Gemeinderat bedauert den Rückzug des Volksbegehrens, respektiert jedoch die Entscheidung der Initianten und kritisiert die Vorkommnisse. «Wir verurteilen, dass Personen, die ein demokratisches Grundrecht ausüben, persönlich angegriffen werden», sagt Fabian Peter. Man wolle sich in diesen Streit jedoch nicht einmischen und halte sich daher möglichst zurück. Trotzdem werde man an der nächsten Gemeindeversammlung vom 28. Mai nebst dem aktuellen Stand der Ortsplanungsrevision über die zurückgezogene Initiative informieren. «Wir wollen, dass ein anständiger Umgang gepflegt wird.»
Der Rückzug der Initiative war gemäss Peter alles andere als eine Routineangelegenheit. «Im Kanton Luzern hat es einen solchen Fall noch nie gegeben. Der kantonale Rechtsdienst musste erst prüfen, ob eine Initiative vor dem Ende der Unterschriftensammlung überhaupt zurückgezogen werden kann.»
Damit die Arbeit der Initianten nicht ganz umsonst war, will der Gemeinderat bei der Revision der Zonenplanung die Anliegen von «Inwil wächst gesund» teilweise einfliessen lassen. «Die Ortsplanungskommission und der Gemeinderat werden sich nach der Mitwirkung nochmals intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen», sagt Peter. Was das im Detail genau heisst, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar. «Wir werden das Wachstum aber sicher nicht an einer im Bau- und Zonenreglement festgelegten Zahl festmachen.» Für ihn ist wichtig: «Über die neue Zonenplanung kann sich das Volk wieder mit allen demokratischen Mitteln einbringen.» Eine erste Möglichkeit wird die öffentliche Auflage sein, die voraussichtlich im kommenden Herbst stattfinden wird. Trotzdem werden die undemokratischen Vorgänge der vergangenen Wochen kaum so schnell vergessen sein. Der Gemeinderat ist sich bewusst: «Das Thema wird die Leute wohl noch eine Weile beschäftigen.»