Chlorothalonil belastet Seetaler Trinkwasser

Die Seetaler Wasserversorger haben ihre Quellfassungen und Pumpwerke untersucht. Dabei stellten sie fest, dass vielerorts ein Abbauprodukt des inzwischen verbotenen Fungizids Chlorothalonil den Höchstwert überschreitet. Für die Hochdorfer Quellen ist das besonders schlecht.

Seit dem 1. Januar 2020 ist das Fungizid Chlorothalonil verboten (der «Seetaler Bote» berichtete). Der Bund sah sich zu diesem Schritt gezwungen, weil die Abbauprodukte, sogenannte Metaboliten, ins Trinkwasser gelangen können und möglicherweise krebserregend sind. Gemäss einer Medienmitteilung des Wasserversorgers WWZ fand man bereits Mitte 2019 kleinste Mengen des Abbauprodukts «R417888» im Hochdorfer Leitungswasser, jedoch deutlich unter dem Höchstwert von 0.1 Mikrogramm pro Liter. Seit Ende Januar gelten für alle Abbauprodukte von Chlorothalonil Höchstwerte. WWZ teilt mit, dass man deswegen kürzlich selber Kontrollen durchführte und die Proben an ein unabhängiges Labor schickte. Die Resultate lassen aufhorchen: An allen Standorten – bei den Grundwasserpumpwerken Seetal und Wirtlenwald sowie den zwei Quellen Moos und Bartli – wurde das zweite relevante Abbauprodukt «R471811» über dem Grenzwert gemessen. «Die uns vorliegenden Werte liegen zwischen 0.3 und 0.8 Mikrogramm pro Liter», sagt Robert Watts, Leiter Kommunikation bei der WWZ. «Die Werte des Metaboliten R471811 fluktuieren stark, und auch die Labor­ergebnisse sind mit relativ grossen Messunsicherheiten von 20 bis 30 Prozent verbunden», erklärt Watts die grosse Zahlenspanne.

Wasser kann getrunken werden
Doch was heisst dies nun für den Konsumenten? Können die Hochdorf­erinnen und Hochdorfer weiterhin bedenkenlos «Hahnenburger» trinken? «Ja», sagt Robert Watts. «Sowohl der Bund wie auch die Dienststelle Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz des Kantons haben das Trinkwasser als gut und sicher einstuft. Es kann konsumiert werden.» Dazu müsse man wissen, dass der gesetzliche Höchstwert vom Bund nicht auf toxikologischer Basis, sondern aufgrund des Vorsorgeprinzips festgelegt worden sei. Mit anderen Worten: Die Werte sind bewusst tief angesetzt.

Trotzdem muss die WWZ nun eine Lösung für das Problem finden. «In Hochdorf stehen keine alternativen Wasserquellen zur Verfügung, die spontan zum Vermischen und Verdünnen genutzt werden können», erklärt die WWZ. Auch sei nicht klar, wie schnell oder langsam der Stoff wieder aus dem Grundwasser verschwindet. «Diverse­ Faktoren wie Grundwasserströme, Geologie und Klima spielen da eine Rolle. Deshalb hat die WWZ ein Monitoring aufgesetzt, um das Verhalten des Stoffes zu beobachten.»

Gemäss Bund haben die Wasserversorger in einem Fall wie jenem in Hochdorf zwei Jahre Zeit, um das Problem zu lösen. Die WWZ erwägt nun, die Notpumpwerke beim Sportplatz und an der Hohenrainstras­se wieder in Betrieb zu nehmen, um das Wasser verdünnen zu können. «Vergangenen Freitag wurden diese beprobt und wir erwarten in den nächsten Tagen die Analyseergebnisse», so Watts. Ob die alten Pumpwerke aber wirklich helfen können, ist alles andere als sicher. «Wir rechnen nicht mit bedeutend tieferen Werten, da diese Pumpwerke letzten Endes den gleichen Grundwasserträger nutzen», so Watts.

Eine weitere Möglichkeit wäre gemäss WWZ eine Seewasseraufbereitungsanlage beim Baldeggersee. Die Realisierung eines solchen Projekts sei aber nicht «vor mindestens vier bis fünf Jahren realistisch. Umfassende Vorstudien wären notwendig, ebenso Konzessionen zur Seewasserentnahme. Auch müsste eine weitergehende Vernetzung mit anderen Wasserversorgern in Betracht gezogen werden, um grössere Gebiete versorgen zu können. Einsprachen könnten das Projekt zusätzlich verzögern.»

Kritik an «Geheimniskrämerei»
Während in Hochdorf bereits laut über mögliche Alternativen zum Grundwasser nachgedacht wird, hat man bei der Wasserversorgung Hitzkirch AG noch etwas mehr Spielraum. Auch dort wurden Chlorothalonil-Metaboliten über dem Grenzwert gemessen. «Die Werte sind ähnlich», sagt Stefan Scherer, Präsident des Verwaltungsrats. Doch mit den Fassungen auf dem Lindenberg habe man zumindest derzeit die Möglichkeit, Mischwasser herzustellen. «Dies funktioniert aber nur im Winter. Im Sommer wird das Wasser der Wasserversorgungsgenossenschaft Müswangen überlassen», so Scherer.

Obwohl die eigenen Messungen noch ausstehen würden, sei die Wasserversorgung Hitzkirch AG «hart getroffen» worden. «Im Juni haben wir das neue Pumpwerk Chilchfeld in Betrieb genommen und nun das.» Aber da müsse man durch, so Scherer. Derzeit prüft die Wasserversorgung die Werte im alten Pumpwerk. Zudem sei man bereits seit zwei Jahren daran, Schutzzonen rund um die Wasserfassung Käserhof in Müswangen richtig auszuscheiden. «Wir müssen jeden Liter nehmen, der sich lohnt.»

Im oberen Seetal klingt es ähnlich. Edi Unternährer von der Wasserversorgung Eschenbach bestätigt auf Anfrage, dass auch hier zu hohe Werte des Metaboliten «R471811» gemessen wurden. Zwar liegen die zwei letzten  Messungen mit 0.11 Mikrogramm nur geringfügig darüber. Das Problem sei aber die Messungenauigkeit von 20 bis 30 Prozent, so Unternährer. «Die Unsicherheit ist gross.» Zwar habe man einen Verbund mit Inwil und könne deren Wasser beimischen, langfristig erhofft sich Unternährer aber mehr Unterstützung vom Kanton. «Weitere Möglichkeiten bieten sich uns nämlich nicht.» Somit müsse man Massnahmen einleiten. Dies sei aber nur möglich, wenn der Kanton die Wasserversorgungen unterstützt.

Unternäher stört sich vor allem daran, dass der Kanton nicht mitteilt, wo genau wie viel Chlorothalonil im Wasser ist. Noch schlimmer sei, dass auch die kantonalen Dienststellen Umwelt und Energie sowie Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz «nur mit dem ausdrücklichen Segen» der Wasserversorgungen die Werte austauschen dürften. «Diese Geheimniskrämerei verstehe ich als Wasserversorger und Bürger nicht. Schliesslich verkauft der Kanton Luzern das Grundwasser mit teuren Konzessionen an die Versorgungen. Für Eschenbach sind das etwa 20 000 Franken pro Jahr.»

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