Im Rahmen einer nationalen Untersuchung wurden bei über der Hälfte der landesweiten Messstellen Pestizide im Grundwasser nachgewiesen. Zudem waren die Nitratwerte vielerorts zu hoch. Auch im Seetal. Der Kanton sieht noch Handlungsbedarf. Der Bauernverband spricht von einer Dramatisierung.
Mitte dieses Monats hat das Bundesamt für Umwelt (Bafu) einen Bericht zum Zustand des Schweizer Grundwassers veröffentlicht. An insgesamt 600 Messstellen nahmen Wasserfachleute zwischen 2007 und 2014 Proben. Die Resultate zeigen erstmals seit zehn Jahren, wie stark das Grundwasser von Stoffen aus der Landwirtschaft belastet wird. Die Qualität des Grundwassers sei gefährdet, schreibt das Bafu. Fremdstoffe aus der Landwirtschaft würden das Wasser «verbreitet und nachhaltig» beeinträchtigen. Am grössten sei die Belastung im Mittelland, wo die Bauern ihre Äcker und Felder intensiv bewirtschaften. Ein Problem ist die starke Düngung. Die Bundesbehörden haben gemäss dem Bericht an 15 bis 20 Prozent der Messstellen zu hohe Nitratwerte, sprich über 25 Milligramm pro Liter, gemessen. An zwei bis vier Prozent der Messstellen wurden gar über 40 Milligramm pro Liter gemessen. Ab diesem Wert darf das Wasser gemäss Schweizerischem Lebensmittelgesetz nicht mehr konsumiert werden. Nitrat entsteht, wenn überschüssiger Stickstoff, den die Pflanzen nicht mehr aufnehmen können, ins Grundwasser sickert.
Auch Pestizide wurden im Trinkwasser nachgewiesen. An jeder zweiten Messstelle enthielten die Proben Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln oder Abbauprodukte davon, sogenannte Metaboliten.
Pumpwerk Seetal liegt beim Nitrat über dem Anforderungswert
Gemäss der Dienststelle Umwelt und Energie (Uwe) wurden auch im Seetaler Trinkwasser Spuren von Pestiziden nachgewiesen. Gemäss Philipp Arnold, Teamleiter Gewässer beim Uwe, liegen die Werte aber unter dem Anforderungswert der Gewässerschutzverordnung von 0.1 Mikrogramm pro Liter. Dies habe damit zu tun, dass im Kanton Luzern vor allem Futterbau betrieben werde. Der Anteil an Acker-, Gemüse- und Obstbau, bei dem intensiv mit Pflanzenschutzmitteln gearbeitet wird, ist im Kanton Luzern relativ klein.
Etwas anders sieht die Situation beim Nitrat aus. Hier liegen die Seetaler Fassungen mit durchschnittlich 25 Milligramm pro Liter gerade noch im grünen Bereich. Beim Pumpwerk Seetal, welches im Zwischengebiet des Baldegger- und Hallwilersees liegt, sind die Werte mit 25 bis 30 Milligramm gar über dem Anforderungswert der Gewässerschutzverordnung. Gemäss Arnold hat sich die Situation beim Seetaler Pumpwerk aber verbessert. «Vor zehn Jahren lagen die Werte bei über 40 Milligramm pro Liter.» Mit diversen Massnahmen habe man den Nitratgehalt in den vergangenen Jahren verringern können. So wurden um die Fassungen Schutzzonen erlassen, wo die Bauern weniger Gülle austragen dürfen. Auch hat der Kanton die Landwirte beraten, welche Kulturen möglichst wenig Stickstoffauswaschung verursachen. «Hackfrüchte wie Mais, Kartoffeln oder Zuckerrüben führen zu Nitratausträgen ins Grundwasser und sind im Einzugsgebiet der Fassung nicht gewünscht.»
Zudem werde heute vermehrt darauf geachtet, dass neue Grundwasserfassungen an einem geeigneten Standort mit wenig Nitratauswaschung erschlossen werden. «Fassungen mit Einzugsgebieten im Wald weisen tiefere Werte aus als solche mit intensiver Landwirtschaft.»
Seetaler Wasser ist von guter Qualität
Philipp Arnold betont, dass die einzelnen Messwerte von zahlreichen Faktoren abhängen. Nur schon die Witterung könne den Nitratgehalt im Wasser beeinflussen. «In einem trockenen Jahr sinken die Werte, da weniger Nährstoffe ausgewaschen werden.» Grundsätzlich könne man sagen, dass jenes Wasser, welches aus dem Hahn fliesst, keine zu hohen Werte aufweise. Dies hat einen einfachen Grund: Das Trinkwasser setzt sich aus verschiedenen Quellen zusammen. Wasser mit höherem Nitratgehalt wird mit solchem, das tiefere Werte aufweist, gemischt.
Auch Robert Watts vom Wasserversorger WWZ unterstreicht, dass das Seetaler Wasser «bedenkenlos konsumiert» werden könne. Er bestätigt, dass sich das Wasser im Versorgungsgebiet Hochdorf und Römerswil aus verschiedenen Quellen zusammensetzt. Auch die WWZ überprüfe die Wasserqualität regelmässig, so Watts. Die gemessenen Nitratwerte bei den einzelnen Fassungen variieren dabei stark: Von 40 im WWZ-Versorgungsgebiet des Seetals analysierten Proben lag der gemessene Minimalwert bei 14 Milligramm pro Liter, die höchste Messung bei 37. Der Schnitt liegt bei 25 Milligramm. Gemäss Robert Watts wurde das Hochdorfer Trinkwasser im Juli durch Lebensmittelkontrolleure auf Verunreinigungen durch Pflanzenschutzmittel und ihre Abbauprodukte überprüft. «Die Lebensmittelkontrolle hat festgestellt, dass die strengen gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind.»
«Schlichtweg weniger düngen»
Trotz den insgesamt guten Resultaten ist für Philipp Arnold vom Uwe klar: «Unser Ziel ist, dass die Anforderungswerte hinsichtlich allen Stoffen in den Grundwasservorkommen eingehalten sind.» Schliesslich wolle man der Bevölkerung keinen «Cocktail» von Fremdstoffen im Trinkwasser anbieten. «Örtlich ist der Nitratgehalt nach wie vor zu hoch.»
Um die Werte noch weiter senken zu können, müsse der Stickstoffverlust verringert werden, erklärt Franz Stadelmann, Fachleiter Natürliche Ressourcen bei der kantonalen Dienststelle Landwirtschaft und Wald. Die Gefahr, dass mehr Stickstoff als nötig in den Boden gelangt, bestehe insbesondere beim Güllen mit Schleppschlauch. «Da deutlich weniger Stickstoff in die Luft gelangt, erhält der Boden mehr davon. Das muss der Bauer berücksichtigen und schlichtweg weniger düngen als wenn er mit einem herkömmlichen Gülleverteiler die Jauche ausbringt.» Natürlich sei es nicht immer einfach, den Stickstoffverlust klein zu halten. «Plötzliche Witterungsänderungen oder Temperaturstürze sind nicht immer vorauszusehen.»
Bauernverband wittert politisches Kalkül
Das sieht auch Jakob Lütolf, Präsident des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands so. «Die grösste Gefahr besteht darin, dass man düngt, wenn die Wetterverhältnisse nicht optimal sind.» In diesem Bereich wolle man noch besser werden. Dass allgemein zu viel gedüngt wird, glaubt Lütolf nicht. «Jeder Betrieb muss die Nährstoffbilanz einhalten und darf nicht einfach mehr düngen.» Dass diese Bilanzen zu hoch angesetzt sind, verneint Lütolf. «Wir sind schon am unteren Level. Viele Bauern entziehen dem Boden bereits mehr Nährstoffe, als sie ihm geben.» Wenn die Bauern sich noch mehr einschränken müssten, drohe ein Produktionseinbruch. «Danach müssen wir aus Ländern importieren, die viel laschere Gesetze haben als wir.»
Der Bericht des Bafu dramatisiere die Situation, so Lütolf. «Wir müssen Einzelfälle angehen und nicht pauschalieren.» Dass der Bericht noch vor der Abstimmung zur anstehenden Trinkwasserinitiative erscheine, erachtet Lütolf nicht als Zufall. «Das ist vom Bafu politisch gesteuert.» Es gelte nun, diese Initiative mit allen Mitteln zu bekämpfen und der Bevölkerung aufzuzeigen, dass die Bauern bereits sehr viel für den Erhalt des Grundwassers tun würden. Lütolf ist überzeugt davon, dass man die Trinkwasserinitiative «bodigen» kann. Als grösste Gefahr für die Bauern erachtet er einen möglichen Gegenvorschlag. «Wir werden auch diesen bekämpfen. Es braucht keine weiteren Massnahmen.» Lieber wende man die bestehenden Gesetze richtig an. So seien beispielsweise schweizweit erst 50 Prozent der Schutzzonen um Wasserfassungen ausgeschrieben. «Die Bauern wissen teilweise gar nicht, dass sie eben Gülle über einer Quelle ausgebracht haben.» Lütolf kritisiert die Behörden: «Die sollen besser hier einmal vorwärtsmachen.»
Philipp Arnold bestätigt, dass auch im Kanton Luzern erst circa 50 Prozent der erforderlichen Schutzzonen um Trinkwasserfassungen festgelegt sind. Die Zonen würden nach Priorität der Trinkwasserfassungen ausgeschieden. «Im Kanton Luzern wird über 80 Prozent des Trinkwassers aus Fassungen mit grundeigentümerverbindlich festgelegten Schutzzonen bezogen.» Dass es nicht schneller vorwärtsgehe, liege aber nicht nur an den Behörden. «Betroffene Landwirte wehren sich gegen solche Schutzzonen, da es für sie eine Einschränkung bedeutet.»